Susanne Scholl wurde 1949 in Wien geboren. Sie studierte Slawistik in Russland und Italien und promovierte 1972 in Rom. Ihre journalistische Laufbahn begann als Assistentin des damaligen Mittel- und Osteuropa-Korrespondenten der französischen Zeitung „Le Monde“, Manuel Lucbert. Weitere Stationen waren die deutsche Redaktion von „Radio Österreich International“ und die außenpolitische Redaktion der Austria Presse Agentur. 1985 holte Paul Lendvai Scholl zur gerade neu gegründeten Osteuroparedaktion des ORF. 1989 ging sie als ORF-Korrespondentin nach Bonn, von wo aus sie das Ende der DDR dokumentieren konnte. 1991 wechselte Scholl – wenige Monate vor dem Putsch – nach Moskau, wo sie von 1994 bis 1997 das ORF-Büro leitete. Nach drei Jahren in Wien – hier leitete sie das „Europajournal“ im ORF-Radio – kehrte sie Anfang 2000 als Bürochefin nach Moskau zurück. 2006 wurde Scholl wegen ihrer Tschetschenien-Berichterstattung von russischen Behörden vorübergehend festgenommen. Zu den Sachbüchern von Susanne Scholl zählen neben den „Töchtern des Krieges“ auch die „Moskauer Küchengespräche“, die das Russland unter der Führung Jelzins beleuchten, während hingegen das „Russische Tagebuch“ das Ende der Ära Gorbatschow bis hin zur gewaltsamen Stürmung des Parlamentsgebäudes in Moskau dokumentiert. Ihr Roman „Elsas Großväter“ handelt über Flucht und Vertreibung im Dritten Reich und ist ihren von den Nazis ermordeten Großeltern gewidmet.
Susanne Scholl berichtet seit mehreren Jahren objektiv, fundiert, mutig und unerschrocken von den aktuellen Brennpunkten Russlands, ihr kritischer Blick ist mit „großer Liebe“ für das Land verbunden. Den heurigen Axel-Corti-Preis erhält die Leiterin des ORF-Büros in Moskau für die hervorragende Korrespondententätigkeit und ihre fundierte und Zusammenhänge erhellende Russlandberichterstattung. Scholl tritt seit Jahren für Menschenrechte, Demokratie und Pressefreiheit ein. So unterschiedlich die Axel-Corti-PreisträgerInnen sind, eines vereint sie, und das sei ganz nüchtern festgestellt: fundierte Überzeugungen, die in der künstlerischen oder journalistischen und publizistischen Arbeit zum Ausdruck kommen, ohne je plakativ zu sein.