Jo Baier

Jo Baier
Schwabenkinder // 2004

Erstausstrahlung: 16.4.2003 (ORF)

Tirol 1908: Der inzwischen fast 30-jährige Kaspar kehrt nach 20-jähriger Abwesenheit in seine Tiroler Heimat an das Sterbebett des Vaters zurück, kommt mit ihm ins Reine und erzählt ihm von seinem Schicksal als „Schwabenkind“. 1885 wurde er als Bub von seinem Vater an den Bodensee geschickt und war gezwungen, sich auf dem Kindermarkt in Ravensburg als Arbeitskraft zu verkaufen. Unter erbärmlichen Bedingungen wurde Kaspar von seinem „Herrn“, dem Bauern Steinhauser, ausgebeutet, bis er schließlich fliehen konnte – einer neuen Zukunft entgegen.

Begründung der Jury

Der bereits mehrfach ausgezeichnete Film wird als „bewegendes Drama über Kindersklaverei in Europa“ bezeichnet. Er ist hervorragend besetzt. Er zeichnet sich gleichfalls durch seine Kameraführung und durch eine kongeniale Musik aus. Es ist aber vor allem der Film seines Regisseurs und Drehbuchautors Jo Baier. Anhand des exemplarischen Schicksals des Tiroler Bauernbuben Kaspar erzählt der Film von der jahrhundertelang gängigen Praxis der „Schwabengeherei“, die bis in die dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts existierte. Ob das Phänomen der Kindersklaverei hier in Mitteleuropa vor dem Film außerhalb von Kreisen professioneller HistorikerInnen bekannt war, ist fraglich. Der Film ist nicht nur thematisch authentisch, sondern wurde auch unter „Schwabengeher-Bedingungen“ im winterlichen Osttirol und später im Allgäu gedreht. Allein das ist eine kaum nachvollziehbare Leistung aller Beteiligten.