Karin Brandauer, Erich Hackl

Karin Brandauer, Erich Hackl
Sidonie // 1991

Erstausstrahlung: 28.11.1990 (ORF)

Eine Familie in Steyr hat ein Findelkind aufgenommen, angeblich ein „Zigeunerkind“: Sidonie Adlersburg. Sie zieht dieses Kind wie ihr eigenes auf. Nach 1938 häufen sich die Aggressionen gegen die „Schwarze“, die „Fremde“. Denunziation bei der Gauleitung führt dazu, dass das Mädchen gegen die erbitterte Gegenwehr, vor allem des Vaters, abgeholt, und zuerst nach Hopfgarten, dann nach Auschwitz gebracht wird. Nicht einmal den einzigen, geliebten Gegenstand, der ihr verbleibt, ihre Puppe, kann die zehnjährige Sidonie auf ihren langen Weg in den Tod mitnehmen.

Begründung der Jury

Das Politische und Gesellschaftliche wird an einzelnen Menschen deutlich und vor allem begreifbar. Der Film „Sidonie“ erzählt die authentische Geschichte der kleinen Sidonie Adlersburg bis zu ihrem Abtransport in das Vernichtungslager Ausschwitz im Jahr 1943 – wie das Buch, das ihm zugrunde liegt – schlicht, unprätentiös und ergreifend. Am Beispiel eines kleinen Mädchens wird das verdrängte Schicksal einer ethnischen Bevölkerungsminderheit thematisiert, für die Ausgrenzung ein geradezu konstitutives Merkmal ist. Die Ausgrenzung überträgt sich häufig auch auf jene, die sich dieser Minderheit annehmen. Da Minderheitenprobleme in Wirklichkeit stets Probleme der jeweiligen Mehrheit sind, zeigt der Film diese biedere „Mehrheit“ – so wie sie war und wohl auch ist. Wer sich auf den Film von Karin Brandauer einmal einlässt, wird sich ihm bis zum Ende nicht mehr entziehen können. Er rührt Emotionen auf und macht traurig.