Lutz Maurer, Hans Peter Stauber

Lutz Maurer, Hans Peter Stauber
Der alte Mann und die Berge // 1996

Erstausstrahlung: 2.11.1995 (ORF/„Land der Berge“)

Er war einer der größten Alpinisten zu Beginn unseres Jahrhunderts, musizierte noch unter Gustav Mahler, entkam dem Holocaust und lebt jetzt in New York – 103 Jahre alt. Für das „Land der Berge“-Porträt „Der alte Mann und die Berge“ kehrte Joseph Braunstein in seine alte Heimat zurück. Braunstein war auch Funktionär der Sektion „Donauland“. Diese Sektion war 1921 nach der Einführung des Arierparagrafen im Deutsch-Österreichischen Alpenverein gegründet worden, 1938 wurde sie aufgelöst. Ihre prominentesten Mitglieder waren u. a. Viktor Frankl und die Hollywood-Regielegende Fred Zinnemann gewesen. Braunstein, von Beruf Musiker und Musikwissenschaftler, erzählt aus seinem Leben und unternimmt mit 103 Jahren im Laufe der Dokumentation noch einmal eine Reise nach Österreich und Südtirol.

Begründung der Jury

Die „Land der Berge“-Sendung „Der alte Mann und die Berge“ wurde ebenso einfühlsam wie informativ gestaltet und greift ein bisher kaum bearbeitetes Thema auf: den Antisemitismus im Alpinismus. Wäre die Sendung mit einem Wort zu charakterisieren, so gäbe es kein besseres als „berührend“. Die Sendung ist berührend wegen der Ausstrahlung, der Erzählkraft und dem Lebensschicksal Joseph Braunsteins. Sie ist zugleich informativ durch die blitzlichtartige Einbettung in historische Zusammenhänge und Hinweise auf den berühmten Bergsteiger
Eduard Pichl, der Wortführer des alpinen Antisemitismus war, und sie gewinnt einen guten Teil ihrer Wirkung aus der Verwendung der Musik, die nie zum bloßen Hintergrund absinkt. Das aufklärende Element der Sendung gewinnt durch die aus der Authentizität Braunsteins kommenden Emotionen ungemein an Wirkung. Dass Braunstein mit 102 Jahren wieder seine österreichische Staatsbürgerschaft und seinen Pass erhält, allerdings vom Bundeskanzler, und dies mit den Worten kommentiert, „ein Tag der Ehre und der Genugtuung“, ist vielsagend.